Erickson war bekannt für seine Fähigkeit, kommunikative Techniken auf eine einzigartige und kreative Weise einzusetzen, die er aufgrund seiner eigenen persönlichen Erfahrung entwickelt hatte: Als Folge einer Polio-Erkrankung in seiner Jugend war er schwer gelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen. Um mit der Krankheit umzugehen, entwickelte er zahlreiche Strategien. Diese persönliche Herausforderung beeinflusste seine Sichtweise auf das menschliche Potenzial und führte dazu, dass er neue Wege fand, um Menschen zu helfen. So entwickelte Erickson beispielsweise die Methode der „indirekten Hypnose“, bei der er Metaphern, Geschichten und ungewöhnliche Kommunikationsstrategien einsetzte, um das Unterbewusstsein seiner Patientinnen und Patienten anzusprechen.
Dr. Erickson war ein Meister darin, individuelle Lösungen für jede:n einzelne:n Patient:in zu finden. Er glaubte fest daran, dass jeder Mensch einzigartig ist und eine innere Weisheit besitzt, die es zu nutzen gilt. Statt Probleme als Hindernisse zu betrachten, sah er sie als Möglichkeiten für persönliches Wachstum und Veränderung. Seine Arbeit fand Anerkennung sowohl in der wissenschaftlichen Gemeinschaft als auch bei den Patienten und Patientinnen. Viele Therapeut:innen und Coaches profitieren bis heute von seinen Ideen und Techniken und haben diese in ihre eigene Praxis integriert. Sein Erbe lebt in der modernen Psychotherapie, im Coaching und im Training fort und seine Beiträge haben das Verständnis vom Menschen und dessen persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten nachhaltig geprägt.
Die Erickson’sche Metapher
Eine Metapher im Sinne Ericksons ist ein kraftvolles Werkzeug der Kommunikation. Als Geschichte nutzt sie bildhafte und symbolische Darstellungen, die dazu dienen, auf die individuellen Erfahrungen eines Menschen zuzugreifen und seine Ressourcen zu aktivieren. Erickson nutzte maßgeschneiderte Metaphern, um auf subtile Weise Botschaften zu vermitteln und Veränderungen im Denken und Verhalten anzuregen. Seine Geschichten waren vielschichtig, mehrdeutig und flexibel, sodass sie verschiedene Interpretationen zuließen und Raum für individuelle Bedeutungen boten. Sie ermöglichten den Patient:innen, ihre eigenen Bedeutungen und Lösungen in den Geschichten zu finden.
Die Isomorphie von Metaphern spielte in Dr. Milton Ericksons Arbeit eine wichtige Rolle. Der Begriff Isomorphie bezieht sich dabei auf die strukturelle Ähnlichkeit zwischen der Metapher und der Situation, auf die sie angewendet wird. Erickson glaubte, dass die Metapher eine gewisse Ähnlichkeit mit der Realität aufweisen sollte, um effektiv zu sein. Indem Erickson Metaphern benutzte, die isomorph (also: strukturell ähnlich) zu den Erfahrungen, Problemen oder Herausforderungen seiner Patient:innen waren, konnte er eine tiefere Verbindung herstellen und eine größere Resonanz erzeugen. Die strukturelle Ähnlichkeit zwischen der Metapher und der realen Situation ermöglichte es den Patient:innen, ihre eigenen Erfahrungen und Gefühle in der Metapher zu erkennen und daraus neue Einsichten und Lösungsansätze abzuleiten.
Die Interaktionsmetapher
In der METALOG Methode sind die Tools und das Teilnehmererlebnis Metaphern der Interaktion. Die Teilnehmenden erleben eine gemeinsame Herausforderung, die genau wie eine Geschichte mehrere Schritte und mehrere Protagonist:innen hat. Zugleich sind in der Struktur des Tools Kommunikationsvorgänge, wechselseitige Abhängigkeiten, Herausforderungen usw. angelegt. Während des Erlebnisses sind die Teilnehmen-den mit allen Sinnen absorbiert. Am Ende gibt jede teilnehmende Person den Erlebnissen unterschiedliche Bedeutungen. Diese Phase der Bedeutungsgebung wird von den Fragen des Moderierenden beeinflusst (z.B. „Was könnt ihr aus dem Erlebten in den Alltag mitnehmen?“, „Angenommen, ihr würdet die Aufgabe noch einmal machen, was würdet ihr anders machen?“ etc.).
Systemisches Denken und Handeln
Im Folgenden wollen wir einige Aspekte von Milton Ericksons Arbeit betrachten, die wesentlich zur Entwicklung des systemischen Denkens und zur Entstehung der systemischen Therapie beitrugen – und wie sie von uns in der METALOG Methode genutzt werden.
Betonung der Interaktionen und Beziehungen: Erickson betrachtete Probleme nicht isoliert, sondern im Kontext der Interaktionen und Beziehungen eines Individuums mit seinem Umfeld. Er erkannte die Bedeutung des sozialen Kontextes und der zwischenmenschlichen Dynamik für die Entstehung und Aufrechterhaltung von Problemen.
Ziel der Arbeit mit der METALOG Methode ist es, Interaktionen und Beziehungen weiterzuentwickeln, indem ein Experimentierraum für die Gruppe geschaffen wird. In diesem Raum ist es möglich, neue Rollen und neues Verhalten auszuprobieren.
Fokus auf Ressourcen und Lösungen: Erickson legte großen Wert auf die Identifikation und Nutzung von Ressourcen in den sozialen Systemen der Patient:innen. Er betonte die Bedeutung von positiven Aspekten und Lösungsansätzen in den Beziehungen und Umgebungen der Menschen. Diese ressourcenorientierte Perspektive spiegelt sich auch im systemischen Ansatz wider.
Der ressourcenorientierte Ansatz bei der Arbeit mit Interaktionsaufgaben ist vielfältig. Nicht nur gilt es, als Trainer:in ständig im „Aufspürmodus“ für verborgene Ressourcen zu sein (Motto: „Die Lösung lauert überall“), sondern auch mit lösungsorientierter Fragekunst Aha-Effekte zutage zu fördern und auf diese Weise den Lernenden zugänglich zu machen.
Idee der zirkulären Kausalität: Erickson erkannte, dass Veränderungen in einem System zu Veränderungen in anderen Teilen des Systems führen können und umgekehrt. Er legte Wert auf die Untersuchung von Feedback-Schleifen und Wechselwirkungen in sozialen Systemen.
Ein besonders beliebter Aspekt der METALOG training tools ist eine Art Diagnosefunktion: Kaum wird ein Team mit einer Aufgabe konfrontiert, fördert diese die typischen Wechselwirkungen und Dynamiken der Gruppe ans Licht. Da wir uns jedoch nicht im Alltagskontext, sondern in einer Art „Drittem Raum“ befinden, werden diese reflektierbar und möglicherweise kann es gelingen, Verhaltensmuster neu weiterzuentwickeln.
Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Erickson war bekannt für seine Fähigkeit, sich an die individuellen Eigenheiten und Bedürfnisse seiner Patient:innen anzupassen. Er ermutigte sein Gegenüber in der Beratung zu Flexibilität und Kreativität, um Veränderungen in den Systemen zu bewirken. Diese anpassungsfähige Haltung ist auch ein Kernprinzip des systemischen Ansatzes.
Um Interaktionsaufgaben besonders wirkungsvoll zu gestalten, ist es hilfreich, eine hochflexible Haltung als Trainer:in zu entwickeln. Wir brauchen echte Elastizität in der Moderation, um spontane Gruppenreaktionen gut nutzen zu können und hilfreiche Angebote für den Lernprozess zu entwerfen. Denn Interaktionsaufgaben sind offene Lernprojekte, bei denen zu Beginn noch nicht klar ist, wohin sie sich entwickeln.
Die Ideen und Prinzipien, die Dr. Milton H. Erickson in seiner Arbeit betonte, beeinflussten also die Entwicklung des heutigen systemischen Ansatzes. Sein Fokus auf Beziehungen, Ressourcenorientierung, zirkuläre Kausalität und Anpassungsfähigkeit haben das systemische Denken, die systemische Therapie und das heutige Handwerk des Coaching stark beeinflusst.
Immer schon fasziniert von den Vorgehensweisen Milton Ericksons, wollten Tobias und Daniela Voss, die Gründer:innen von METALOG seine Ideen möglichst in Reinform erleben. Daher entschlossen sie sich, bei Schülern Ericksons zu studieren, die noch selbst bei ihm persönlich gelernt hatten. Dies waren neben den US-Amerikanern Stephen Gilligan und Jeffrey Zeig der deutsche Psychotherapeut Bernhard Trenkle und allen voran Gunther Schmidt. Durch diese Lehrer entstanden zahlreiche Inspirationen, die sich heute in der METALOG Methode wiederfinden.