METALOG® Praxis-Tipps für die Großgruppenarbeit

Pipeline

Janto Oellrich und Hans König

 

Viele Trainer haben ihre Freude an der EOL-Arbeit entdeckt und stellen fest, wie gut die Lernwirkungen sind. Konsequent kann man sehr gute Wirkungen auch in Großgruppen erreichen. Doch Vorsicht! Einige wichtige Unterschiede zu Kleingruppen sind für ein erfolgreiches Arbeiten zu beachten.
Die beiden Autoren sind erfahrene EOL-Trainer und haben vielfältige Erfahrungen mit dem erfolgreichen Einsatz von METALOG® training tools in Großgruppen von 30 bis über 300 Teilnehmern.

 

Die Größe als Besonderheit.
In großen Gruppen passieren viele Dinge ähnlich wie in kleinen. Manche Effekte werden sogar erst in der Großgruppe erlebbar wie z.B. gemeinsam gespürte Freude/Emotion, Firmenstimmung, Kultur und andere Großgruppendynamiken. Allerdings sind die Auswertungsmöglichkeiten im Plenum meist sehr begrenzt. Wir empfehlen daher mehrstufige Auswertungen: erst in kleinen Grup-pen, ggf. unterstützt mit einigen vorgegebenen Fragen. Hier im kleinen Rahmen trauen sich die Teilnehmer oft besser, sich mit den Kollegen auszutauschen. Dann werden im Plenum aus jeder Gruppe ein paar wichtige Aha-Effekte berichtet.

 

Auftragsklärung.
Auftraggeber erwarten meist, dass viele Aspekte gleichzeitig umgesetzt werden. Hier ist die Gefahr der Verwässerung groß. „Weniger ist mehr!“ d.h. Reduzierung auf das zentrale Thema gilt hier auf jeden Fall in der Auftragsklärung. Auch ist uns wichtig darzustellen, dass es ein wichtiger Unterschied ist, ob es ein Unterhaltungs-Event oder eine systemische Veränderungsarbeit in der Großgruppe werden soll.

 

Machen Sie Teilnehmer zu Beobachtern und Co-Trainern.
Beispiel: Wir haben das Tool „Pipeline“ eine Firmenjahrestagung mit 300 Personen durchgeführt. Wir haben 10 Strecken à  2 x 15 Personen eingeteilt.
10 Personen waren direkt aktiv. Die übrigen 5 hatten Beobachtungs-Aufgaben von jeweils 2 Folgeteams mit folgenden Schwerpunkten, wie ‚Zeit- und Regeleinhaltung‘ und ‚Verhalten der Akteure‘, sowie ‚Koordination‘. Zwei Personen je Strecke (insgesamt also 20 Personen) haben am Abend vorher die Projektinstruktionen bekommen und das Lernprojekt durchgeführt und haben dann am nächsten Tag ihren Kollegen und Kolleginnen die Projektaufgaben nahe gebracht. Dieser Multiplikationseffekt ist sehr erleichternd für die zeitlich effiziente Durchführung. Die Beobachter brachten dabei in der Auswertung verschiedene, wertvolle Perspektiven ein, die den aktiv involvierten Teilnehmern nicht aufgefallen wären.
Risiken: Die „Co-Trainer“ sind keine ausgebildeten Trainer, sie sehen oft gern die Erfüllung der Aufgabe mehr im Vordergrund als den Fokus auf Verhalten und Lerneffekte und Erkenntnisse. Abhilfe: Genaue, einfache und wenige Instruktionen.

 

Wählen Sie bewegungsorientierte Lernprojekte, bei denen jeder aktiv mit anfasst.
Zu diesem Zweck können Sie die Gruppen in Sub-Teams unterteilen, die simultan die gleiche Übung machen. Lassen Sie z.B. 100 oder mehr Personen mit der Pipeline um die schnellste Zeit antreten, oder nutzen Sie 4 oder mehr Tower of Power XXL parallel, um mit mehreren Gruppen an getrennten Orten identische Türme zu bauen. Ob Wettbewerb sinnvoll ist oder eher Wissensaustausch und Kooperation, muss in jedem Fall neu beurteilt werden. So ist unsere Erfahrung, dass in den meisten Firmen das Voneinander-Lernen eine neue Kompetenz darstellt.

 

Führung der Großgruppe.
In dieser Art Arbeit muss der/die TrainerIn sehr viel direktiver führen als wir systemisch denkende TrainerInnen das vielleicht gewohnt sind.
Gründe: Zeitablauf, örtliche Gegebenheiten, Rolleneinteilung, vorgegebene Auswertungsfragen sind genauestens zu planen und auch durchzuführen!
Nochmal das Pipeline-Projekt mit 300 Personen: Wir haben genau ausgemessen, wie viel Platz pro Team gebraucht wird, welches Team wohin geht; die Teilnehmer fanden auf ihren Namensschildern Team-Nummern zur Einteilung.
Die Verteilzeit bei 300 Teilnehmern war dann unter 5 Minuten! Das erspart Ihnen unnötiges Chaos.

 

Machen Sie sich mit dem Seminarort vertraut.
Die zwei Engpässe sind Platz und Zeit! Bei obiger Tagung bekamen wir die Anfrage, und telefonierten vor Auftragsvergabe bereits mit dem Hotel. Es waren für 300 Teilnehmer nur 250 m² nutzbare Fläche eingeplant. Also haben wir sofort (mit etwas Hektik) einen zusätzlichen Raum geordert. Dazu musste eine andere Großgruppe „umquartiert“ werden. Als der Auftrag kam, war der Raum sicher, ansonsten hätten wir hier kein EOL-Projekt durchführen können. Das Hotelpersonal kennt oft diese Art von Arbeit und deren Herausforderungen nicht.
Vor kurzem erfuhren wir von einer gut konzipierten Maßnahme für 150 Teilnehmer, die wegen nicht rechtzeitig gebuchten Räumlichkeiten ganz abgesagt werden musste. Schade!

 

Nutzen Sie akustische Signale und Mikrofone.
Gegen eine große Personenzahl kommen die wenigsten stimmlich durch – also ersparen Sie sich die Anstrengung! Legen Sie sich laute akustische Signalgeber zu (Gong, Hupe). Wenn Sie die Hände frei haben möchten, investieren Sie in ein kabelloses Ansteckmikrofon oder Headset, das meist extra bestellt werden muss.

 

Kooperation gestalten.
Letztes Jahr hatten wir eine Maßnahme mit 2 x 100 Personen.Es ging um 2 Firmen, die jetzt unter einem Dach vereint wurden. Wir haben den Balltransport gewählt. Wir haben insgesamt 8 Gruppen à ca. 12 Personen gebildet. Dabei haben wir in der Vorbereitung mit dem Kunden auf maximale Durchmischung der beiden Firmen geachtet (Farbpunkte auf den Namensschildern).
Nun haben je zwei Gruppen sich aufeinander zu bewegt, die Tragenetze übergeben und dann zum Ziel transportiert. Klingt kompliziert, war aber doch machbar, obwohl die meisten die Augen verbunden hatten. In der Auswertung wurden einige Punkte angesprochen: Vertrauen zu den neuen Kollegen, Führen und geführt werden auch ohne Hierarchie, etwas miteinander planen und durchführen, etc.

 

Machen Sie sich sichtbar.
In einem großen Raum mit vielen Personen, die zudem stehen, werden Sie bei Ansagen schlicht weg übersehen, auch wenn Sie 1,85 m groß sind. So geschehen mit 90 Personen bei einer Strategietagung. Als der Vorstandsvorsitzende das EOL-Projekt starten wollte, war er zu hören, aber es sah ihn niemand. Eine schnell beschaffte Malerleiter war die Lösung.

 

Die starke und schöne Energie.
Nutzen Sie die Wirkung der gemeinsamen Emotion einer Großgruppe. Als wir vor kurzem das Projekt Kettenreaktion durchführten, haben 100 Personen das Projekt sorgsam geplant, aufgebaut und dann, mit Video aufgezeichnet, ist es erfolgreich durchgelaufen. Da war die Freude der Teilnehmer förmlich in den Augen sichtbar, und das Jubeln deutlich zu hören. Für das Team und auch für uns Trainer ein sehr berührendes Erlebnis.

 

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und viel Freude bei EOL-Arbeit mit Großgruppen.