Jochen Sell
Der Rahmen.
Im Jahr 2000 gründeten weltweit agierende Wirtschaftsunternehmen, Business Schools und Bildungsinstitute eine Initiative, deren Mitglieder sich freiwillig zur Einhaltung von 10 Grundprinzipien wie Wahrung der Menschenrechte, Umweltschutz und Anti-Korruption verpflichteten. Mittlerweile gehören dieser Organisation 71 Mitglieder an. Im Rahmen der Generalversammlung im Oktober 2011 lud ein deutscher Großkonzern als Gastgeber 130 Studierende aus aller Welt ein. Den Teilnehmern wurde eine Plattform geboten, damit sie – stellvertretend für die potenziellen Führungskräfte von morgen – miteinander in den Dialog treten. Im Mittelpunkt dieser Premierenveranstaltung stand der Austausch zu den Themen „Integre Führung“ und „Moralisch korrektes Verhalten in der globalen Wirtschaftswelt“.
Mit der Entwicklung des Konzepts sowie der Umsetzung für diesen internationalen Dialog der Studierenden war BBDO Live beauftragt, eine führende Agentur für integriertes Live-Marketing. Unterstützung kam dabei von der erfahrungssache GmbH, ihrerseits Experten für die Gestaltung und Umsetzung von Lernevents.
Die Gruppe.
Aus einem Pool von ca. 900 Bewerbern wurden 130 internationale Studierende ausgewählt und zur Veranstaltung eingeladen. Die ausgewählten Teilnehmer vertraten insgesamt 43 Länder.
Der Kundenauftrag.
Der Auftrag der erfahrungssache GmbH war die Gestaltung von je einem Workshop zu den Themen „Integrität als Führungsverpflichtung“ und „Moralisch korrektes Verhalten in globalen Wirt-schaftsbeziehungen“. Konkret ging es darum, einen Einstieg in die Auseinandersetzung mit den Themen zu gestalten. Es sollte ein themenspezifischer Austausch der Teilnehmer ermöglicht werden, der die Formulierung eines gemeinsamen Konsenses als Empfehlung an die Entscheider der Gegenwart zum Ziel hatte. Die Ergebnisse mussten daher im Plenum und für die Abgeordneten der Generalversammlung präsentationsfähig sein.
Ein sehr enger Zeitrahmen in einem extrem straff organisierten Gesamtablauf mit zahlreichen parallelen Workshops stellten weitere Herausforderungen dar. Somit waren also 100 % Ablaufdisziplin bei 100 % vorzeigbarem Ergebnis gefordert.
Für die multikulturelle Zielgruppe mussten die Beschreibungen auf Englisch leicht verständlich sein und komplett schriftlich vorliegen. Dabei mussten natürlich auch die verwendeten Tools samt den Inhalten durchweg politisch korrekt sein. Zum Beispiel war sicherzustellen, dass die Aktionsgesten aus CultuRallye in den vertretenen Kulturen keine verfängliche oder gar obszöne Bedeutung besitzen. Uns war klar, dass wir den Teilnehmern einen schnellen und begeisternden Zugang zu den Themen bereiten mussten. Der Weg zum Erfolg waren dabei maßgeschneiderte METALOG® training tools als „Diskussionsbeschleuniger“.
Workshop 1.
Mit Heart Selling zum Thema „Integrität als Führungsverpflichtung“.
Mit Heart Selling schufen wir ein Szenario, in dem persönliches Verhalten beim Handeln und Verhandeln direkt und authentisch erfahren werden kann. Dabei sollte auch Feedback eine Rolle spielen und somit eine sinnlich konkrete Erfahrung den Boden für die anschließende Diskussion bereiten. Zentrale Frage war hier: „Was bedeutet aufrichtiges Verhalten im globalen Arbeitsumfeld für mich?“
Durchführung.
• 75 Minuten Zeit für den gesamten Workshop mit 16 Teilnehmern
• Durchführung Heart Selling mit 4 Handelsteams mit je 4 Mitgliedern
• Auswertung/Überleitung zum Workshop „Integres Verhalten im globalen Arbeitsumfeld“
Nach der Durchführung von Heart Selling verwendeten wir eine abgewandelte Variante der METALOG Skalierung. Jedes Team sammelte hierzu positive und negativ wahrgenommene Verhaltensweisen der anderen Teams. Negativ wahrgenommenes Verhalten wurde mit einem Veränderungswunsch ergänzt. Die Wahrnehmungen wurden von jedem Team auf einer Moderationskarte notiert und mit einer Bewertung pro Team von +50 bis ‒50 Punkten versehen. Jedes Team pinnte seine so erläuterten Feedback-Bewertungen auf eine große Skala. Durch die Kurzpräsentationen bekam jedes Team Feedback zu seinem gezeigten Verhalten.
Fokus der Auswertung.
Unsere Auswertung zielte darauf, Antworten auf die Frage „Was bedeutet für mich aufrichtiges Verhalten im Arbeitsumfeld?“ zu finden. Die Akteure sollten sich selbst erleben und Rückmeldung zum eigenen Verhalten bekommen. Mit den Erfahrungen aus Heart Selling mussten die Teilnehmer einen der drei folgenden Sätze durch ihre persönliche Meinung vervollständigen:
• „ Aufrichtiges Verhalten meinen Kollegen gegenüber heißt für mich …“
• „Wenn ich an integres Verhalten im internationalen Handel denke, fällt mir folgendes ein …“
• „Ein Kodex für aufrichtiges Verhalten ist für ein Unternehmen wichtig, weil …“
Anschließend fand eine Verdichtung der geäußerten Meinungen zu den Sätzen statt. Das Ergebnis wurde dann im Plenum im Sinne eines Meinungsquerschnitts präsentiert.
Highlights.
Es war faszinierend zu sehen, wie unkompliziert sich die Identität der einzelnen Teams entwickelte, obwohl diese aus verschiedensten Ländern und Kulturkreisen bunt zusammengewürfelt waren. Besonders spannend dabei war, wie tief die Teilnehmer in echte Lernszenarien wie Heart Selling eintauchen und es ihnen anschließend dennoch mit einem kurzen und durchdachten Übergang gelingt, sich so von den Emotionen des Spiels zu distanzieren, dass echte Transfergedanken für die Realität generiert werden können.
Workshop 2.
Mit CultuRallye zum Thema „Moralisch korrektes Verhalten in globalen Wirtschaftsbeziehungen“.
Wir definierten den „Umgang mit Regeln“ als einen geeigneten Fokus des Leitthemas. Die Grundidee, der spielerische Charakter sowie die Mechanik von CultuRallye boten dafür die passende Vorlage, die überdies auf unsere Vorgaben justierbar war. Aufgrund der Faktoren Zeit und Sprachbarriere entschieden wir uns hier für ein kompaktes mündliches Briefing durch die Trainer: eine komprimierte Fassung der Regeln mit dem Hinweis, dass das Lernen der Aktionen am besten durch praktisches Üben, also durch Würfeln geschieht. So kamen die Gruppen in die Interaktion.
Fokus der Auswertung.
Nach dem emotionalen Spiel ging es an die Reflexion. Die unterschiedlichen Regeln an den Tischen standen für die verschiedenen Kulturen, die am Welthandel beteiligt sind. Die Frage „Wie war der Umgang mit unterschiedlichen Regeln des Spiels?“ leitete auch die folgende Diskussion ein: „Was aus dieser Erfahrung ist zielführend für den Umgang miteinander in der Weltwirtschaft: global gültige Regeln oder ein ethisches Grundverständnis?“ Zur weiteren Strukturierung der Diskussion wurde ein konkretes Fallbeispiel angeführt: „Ein Unternehmen aus einem Industrieland plant eine Produktionsstätte in einem Entwicklungsland und benötigt hierfür Fläche. Umweltschutz wird im Heimatland deutlich größer geschrieben als am potenziellen Standort der neuen Produktion. Die Regierung des Entwicklungslandes hat zugesagt, im Falle der Realisierung in allen Fragen zu kooperieren.“ Zu folgenden Leitfragen diskutierten die Gruppen nun ihre Meinungen:
„Was wäre Ihr persönlicher Wunsch und wie würden Sie sich verhalten?“
„Was würden Sie als Berater dem Unternehmen empfehlen?“ Anschließend wurden alle Wünsche und Empfehlungen der sechs Workshop-Gruppen auf jeweils fünf Ergebnisse verdichtet, um diese im Abschlussplenum zu präsentieren.
Highlights.
Die besonderen Highlights waren die große Begeisterung und das Engagement der Teilnehmer – unabhängig von Nationalität und Kultur. Es wurde einfach grenzenlos gespielt! Dabei wurde deutlich, dass nonverbale Kommunikation hilft, sprachliche Barrieren zu überbrücken. CultuRallye war somit ein perfekter Einstieg in das Thema.
Fazit.
Einsatz der METALOG® training tools in den Workshops. Die Hürde der scheinbaren und vom Kunden befürchteten zu hohen Komplexität wurde mit einer reduzierten Aufgabenbeschreibung genommen. Der klare und knappe zeitliche Ablauf hielt Aufmerksamkeit und Engagement auf hohem Niveau und förderte schnelle Gruppenentscheidungen und instinktives Verhalten. Der Spaß- und Interaktionsgrad der Tools war Wegbereiter für hohes Engagement und Beteiligung an der Auswertungsrunde. Die Teilnehmer begründeten die hohe Qualität der Workshops sehr häufig mit den Tools als wertvollen Impulsgebern.
Sowohl BBDO Live als auch der Veranstalter waren sehr zufrieden mit dem Verlauf und den Rückmeldungen der Teilnehmer zu den Workshops.
Jochen Sell ist Dipl.-Sportwissenschaftler. Seine Erfahrungen als freier Trainer setzt er seit 2005 mit der eigenen Firma „erfahrungssache“ in der didaktischen und kreativen Gestaltung von Lernprozessen um. „Alles, außer gewöhnlich“ sind die von ihm entwickelten Konzepte für Lern- und Veranstaltungsthemen für Kunden aus den unterschiedlichsten Branchen.
Erfahrungsorientierte Lernmethoden und die METALOG® training tools sind dabei ein wichtiger Bestandteil seiner Werkzeugbox.