Verkaufen darf Spaß machen! – Fair verkauft sich besser

HeartSelling

Tanja Hartwig, genannt Harbsmeier

 

Überblick
Ein Telekommunikationsunternehmen und City-Carrier aus Hannover möchte seine Mitarbeiter:innen aus dem Service-Center befähigen, ihre Beratung zu erweitern. Bislang nehmen sie vor allem Anrufe von Kund:innen und Interessent:innen entgegen. Zukünftig wird das Service-Center zusätzlich zur Beratung noch weitere Optionen anbieten: Das kann eine Erweiterung eines DSL-Vertrags sein oder auch ein verbesserter Telefontarif. Die Mitarbeiter:innen scheuen sich noch, den Anrufenden aktiv etwas anzubieten. Das Service-Center wird für dieses Training in zwei Gruppen an zwei Tagen aufgeteilt, sodass es auch eine Vergleichbarkeit gibt.

 

Thema
Den Mitarbeiter:innen soll mehr Freude am Vertrieb vermittelt werden. Ich arbeite seit einiger Zeit mit dem Unternehmen zusammen und bin vor allem engagiert worden, um den Mitarbeiter:innen die Scheu vor einem Verkaufsangebot zu nehmen. In den vorherigen Trainings wurde das Thema Verkauf bereits ausführlich behandelt. Die Technik des Verkaufens mit Nutzenargumentation und Kaufmotiven ist ihnen bekannt, nun geht es um die Umsetzung, das Tun.
Zusammen mit den Führungskräften haben wir uns ein aktives, eher spielerisches Element überlegt, um die Mitarbeiter:innen etwas aus der Reserve zu locken. Das Training hat das Ziel, eine Veränderung der Kund:innenberatung zu ermöglichen und zu begleiten.

 

Inszenierung
a. Vorbereitung
Ein großer Raum wird mit vier Tischen für je ein Verkaufsteam vorbereitet, in jeder Ecke einer. Die Gruppe wird nach dem Zufallsprinzip eingeteilt, ich lasse dafür Lose ziehen. In der Mitte des Raums wird mit Kreppband der Marktplatz gekennzeichnet. Auf jedem Tisch liegt das Starterset mit einer Anweisung. Beobachter:innen werden ebenfalls eingeteilt, in diesem Fall sind es die Teamleitungen.

 

b. Durchführung
„Wie ihr seht, beschäftigen wir uns jetzt einmal anders mit dem Thema ‚Verkaufen‘. Wir starten gleich in eine interaktive Aufgabe. Auf euren Tischen liegen jeweils eine Anleitung und ein Starterset. Bitte lest die Anleitung gut durch und löst direkt die erste Aufgabe. Ich bin heute eure Schiedsrichterin und Jörg ist Beobachter. Ich wünsche euch viel Spaß!“

 

Übertragung in die echte Welt

Elemente im LernprojektElemente in der echten Welt
Name und Logo für jedes TeamBildung einer Peergroup,
Identifizierung mit dem Thema oder Produkt
Metalogs (= Münzen)Verhandlungsmasse, Währung, Geld
HerzKernstück des Unternehmens, Service-Center, Teams
MarktplatzKontakt mit Kund:innen
Beobachter:innenUnterstützung, aber auch Bewertung durch die Führungskräfte
BewertungsbogenBewertung untereinander
TeamtischRückzugsort zur Entwicklung von Strategien,
Austausch mit Kolleg:innen

 

c. Verlauf
Das Setting an sich wird gut angenommen. Sofort sind die Teilnehmer:innen eifrig dabei, sich in ihren Teams zu finden und sich auf einen Namen plus Symbol zu einigen. Die erste Spielinstruktion wird diskutiert und die Marktplatzeröffnung heiß erwartet. Die Spieler:innen stehen schon wartend am Spielfeldrand. Bereits in der ersten Runde kristallisieren sich die verschiedenen Strategien der einzelnen Teams heraus, die sie während des gesamten Spielverlaufs beibehalten werden. Faszinierend ist, wie intensiv diskutiert, verhandelt und in den Teams gearbeitet wird. Der Raum ist erfüllt von lauten Stimmen und viel Freude an dem Lernprojekt.
Ein Team hat sich als Strategie überlegt, möglichst viele Metalogs zu sammeln und den Bau des Herzens als zweitrangig zu betrachten. Diese Strategie ziehen sie bis zum Ende durch, haben dadurch etwas weniger Spaß am Spiel – und werden trotzdem Zweite.
Ein anderes Team verlegt sich auf marktschreierisches Handeln und nutzt eher aufdringliche Methoden. Dieses Team wird zum Schluss Letzter, da es von allen anderen Teams als unfair bewertet wird.
Spannend ist ebenfalls zu erleben, wie Teilnehmer:innen, die sonst den aktiven Verkauf ablehnen, viel Freude am Verhandeln haben und sich sogar als kleine Verkaufstalente outen. So manche bisher eingenommene Rolle im Service-Center wird damit hinfällig, da alle merken, „der oder die kann das ja doch gut!“.

 

Reflexion
Es werden verschiedene Strategien erkannt und ausgewertet:
• Risikostrategie („voll aufs Ganze gehen“)
• Vorsichtige Strategie: Sicherheit und Gewinn stehen im Vordergrund
• Flexible Strategie: Anpassung an die jeweilige Marktlage
• „Geheimnisstrategie“
• „Betrugsstrategie“
• Taktische, zielorientierte Strategie

In beiden Gruppen an den zwei Tagen wird von den Teilnehmer:innen sehr intensiv diskutiert, was fairen Verkauf ausmacht und wie sie sich von „Drücker-Methoden“ absetzen können. Anlass ist vor allem das marktschreierische Verhalten eines Teams, das von vielen Teilnehmer:innen als unangenehm empfunden wird. Es wird gemeinsam entwickelt, wie genau der faire Verkauf im Service-Center aussehen soll.
Die Gruppen nehmen für sich folgende Punkte mit:
• Das Produkt hat seinen Preis: Es ist im wahrsten Sinne des Wortes „Preiswert“
• Jedes Produkt lässt sich mit guter Verpackung verkaufen
• Ehrgeiz und Elan helfen beim Verkauf
• Viele Wege führen zum Ziel: Es lohnt sich, flexibler zu sein
• Es ist wichtig, eine eigene Strategie zu haben
• Es ist wichtig, aktiver und mutiger das Produkt anzubieten
• Es ist wichtig, gelassener anzubieten

 

Fazit
Die Auswertung des Lernprojekts HeartSelling fließt in die Gesamtbewertung des Tages. Das Feedback erfolgt im Stuhlkreis mit einem Buschwusch-Ball und jede:r Teilnehmer:in äußert sich. Zusätzlich führt das Unternehmen im Nachgang eine schriftliche Abfrage durch.
Nach Abschluss des Trainings erreicht mich folgende Mail von einem der Teilnehmenden: „Hallo Tanja, wollte mich bei dir noch mal recht herzlich für die Schulung bedanken. Konnte aus der Schulung sehr viel mitnehmen und habe seitdem schon 16 Neuaufträge gemacht. Gruß N.“