Anna Langheiter
Überblick
Die österreichische Sparkassenakademie GmbH bietet den Fachexpert:innen im Unternehmen eine Trainerausbildung an, damit diese intern ihre Kolleg:innen schulen können. Das Blended-Learning-Konzept sieht insgesamt drei Live-Onlinetrainings und fünf Präsenztage vor. Nach dem ersten, sehr kurzen Live-Onlinetraining, in dem es um logistische Themen geht, treffen sich die Mitarbeitenden zu den ersten zwei Tagen Präsenztraining. Nach einer Vorstellrunde und einem Überblick über die Agenda kommt PerspActive ins Spiel.
Thema: Entwicklung von Grundregeln der Zusammenarbeit
Inszenierung
a. Vorbereitung
Ich bereite PerspActive vor, bevor die Teilnehmenden den Raum betreten, und stelle sicher, dass auch jede:r Teilnehmende garantiert eine Schnur hat. Das Tool wird dann noch im schwarzen Beutel aufbewahrt, die rote Kugel lagere ich griffbereit.
b. Durchführung
„Wir werden ja jetzt als Lernteam noch vier Monate zusammen sein. Ganz intensiv werden die fünf Tage im Präsenztraining sein. Ich habe euch gerade die Agenda vorgestellt und ihr wisst, dass ihr Teile aus euren eigenen Trainings trainieren werdet, dass ihr Feedback geben und bekommen werdet und dass es da schon eine besondere Atmosphäre und gute Regeln braucht, damit das auch für alle stimmig ist.
Wenn also Teilnehmer:innen zusammenkommen und miteinander lernen, ist es günstig, sich zu überlegen: Wie wollen wir als Lernteam zusammenarbeiten? Damit ihr für euch gut herausfinden könnt, mit welchen Regeln ihr arbeiten möchtet, habe ich euch eine Herausforderung mitgebracht.
[Ich packe PerspActive aus und stelle mich in die Mitte des Stuhlkreises] Steht doch bitte auf. Jede:r von euch schnappt sich eine Schnur, knotet diese auf und gibt eine der beiden Schnüre weiter, sodass jede:r von euch mindestens eine Schnur in der Hand hat.
Ihr seid ein Lernteam mit unterschiedlichen Kompetenzen. Jede Schnur mit jeweils einer anderen Farbe zeigt die unterschiedliche Kompetenz. Hier ist das gemeinsame Lernen [ich hebe das Tool hoch] und ihr seht schon, Lernen scheint sich nicht so geradlinig abzuspielen, wie man das gerne hätte. Da kann es mal gutgehen und man lernt sehr viel – dann wiederum kann man feststecken, manchmal hat man das Gefühl, man hätte gar nichts gelernt. Wiederum ein anderes Mal kann es sein, dass man komplett von vorne anfangen muss.
[Ich zeige die Kugel] Die Kugel steht für das Lernen. Und das Ziel ist es, die Kugel von hier [ich zeige auf das Startloch] bis ins Ziel zu befördern [ich zeige auf die Auffangfläche] und somit das Lernen zum Erfolg zu bringen.
Eure Aufgabe ist es, gemeinsam das Lernen ins Ziel zu befördern‘, sodass die Kugel in der Auffangfläche liegen bleibt. Wenn die Kugel rausfällt, wird der ganze Lernprozess wiederholt.
Übertragung in die echte Welt
Elemente im Lernprojekt | Elemente in der echten Welt |
---|---|
Teilnehmende | Lernteam |
Schnüre in unterschiedlichen Farben | unterschiedliche Kompetenzen, die eingebracht werden |
Schlauch | gemeinsamer Lernweg |
Kugel | das zu Lernende |
Startloch | Start des Trainings |
Kugel in der Auffangschale | Lernen war erfolgreich |
Gibt es noch Fragen? Ja, dann bin ich schon ganz gespannt, wie ihr es als Lernteam schaffen werdet, das Lernen zum Erfolg zu machen und wie ihr bei möglichen Schwierigkeiten gemeinsam zu guten Ideen und Lösungen kommt.“
c. Verlauf
Die Gruppe steigt schnell ins Tun ein, es macht Spaß. Es kommen Fragen auf: Läuft der Ball noch in die richtige Richtung? Es wird beruhigt, alles sei gut. Die Fragen nach der Richtung wiederholen sich. Der Ball fällt beim Startloch heraus.
Ich gebe die Kugel wieder in das Startloch und die Gruppe macht sofort weiter. Drei Personen fangen an, den Lead zu übernehmen. Es funktioniert nicht, der Frust in der Gruppe steigt. Die beliebte Frage „Ist das überhaupt lösbar oder ist da ein Knopf im Schlauch?“ wird gestellt.
Und dann gelingt es – fast! Denn der Ball fällt aus der Auffangschale. Die Gruppe will sofort aufgeben und die Aufgabe für beendet erklären. Ich weise darauf hin, dass die Aufgabe erst dann beendet ist, wenn die Kugel sicher in der Auffangschale ist und erst dann das Lernteam das Lernen zum Erfolg gebracht hat.
Ich interveniere: Ich erlaube der Gruppe, die Schnüre abzulegen und zu überlegen, was es braucht, damit sie die Aufgabe gut lösen können. Ich warte ab und merke, dass sie auf einem guten Weg sind. Als ich das Gefühl habe, dass ausreichend klare Regeln bestehen, lege ich die Kugel erneut in das Startloch.
Mit den neuen Regeln, klaren Absprachen und einem Beobachter, der an den Schnüren ist und dennoch im Blick hat, von wo die Kugel kommt und wo sie hin muss, schafft es die Gruppe, die Aufgabe zu lösen.
Reflexion
Die erste – und bei mir sehr beliebte – Frage lautet: Was hat geholfen, damit das Lernen erfolgreich ist? So können die Teilnehmenden einfach mal loswerden, was gerade alles gelaufen ist.
Dann frage ich weiter: „Angenommen, ihr wärt ein Lernteam, das dieses Training erfolgreich durchführen will: Welche Grundregeln für gemeinsames Lernen wollen wir uns als Gruppe geben? Und zwar besonders vor dem Hintergrund dieser Erfahrung? Und im Hinblick darauf, dass ihr euch als zukünftige Trainer:innen auf ganz schön ungewohntes Terrain begebt?“
Auf dem Flipchart sammelte ich folgende Regeln:
• Zuhören
• Sich selbst einbringen
• Andere Einstellungen/Ansichten/Meinungen einbringen
• Andere respektieren
• Verschiedene Kompetenzen nutzen
• Aufgaben verteilen
• Jede:r leistet ihren:seinen Beitrag, damit es gelingt
• Zeit lassen
• Ruhe bewahren
• Manchmal braucht es einen zweiten Versuch
• Spaß haben
• Rückschläge akzeptieren und daraus lernen
• Wertschätzung für jeden Beitrag
Fazit
Die Ergebnisse waren großartig und unterschieden sich von den üblichen Vereinbarungen von Grundregeln für gemeinsames Lernen. Wo sonst etwas wie „Kein Handy“ kommt, wurden diesmal bewusste und wirklich als Team gemachte Grundregeln formuliert, auf die wir im Laufe des Trainings zurückgreifen konnten.