Petra und Volker Witzleben, Stephan Eckert, Christan Ohmann
Überblick
Das Training sollte als Teamtraining für ca. 60 Auszubildende und acht Ausbilder der Firma Oppel aus Plauen und Ansbach stattfinden. Ziel war es, dass sich Ausbilder und Auszubildende gegenseitig besser kennenlernen, Impulse für eine noch bessere Zusammenarbeit erhalten und einen angenehmen Tag miteinander verbringen.
Die ursprüngliche Planung wurde aufgrund schlechter Wetterbedingungen über den Haufen geworfen. Dauerregen zwang uns dazu, den ursprünglichen Plan komplett zu verwerfen. Statt einer Orientierungstour in vier Gruppen mit vier unterschiedlichen Touren und unterschiedlichen Interaktionsaufgaben mussten wir kurzfristig umdisponieren. Zur bereits vorhandenen Hütte bauten wir drei Zelte auf und führten in vier Gruppen rollierend am Vormittag folgende Lernprojekte durch: Pfadfinder, StackMan®, CollaborationPuzzle und EasySpider®.
Da der Dauerregen nicht aufhörte und wir die Gesundheit der Teilnehmer:innen nicht gefährden wollten, änderten wir unseren Plan erneut. Am Nachmittag buchten wir kurzfristig noch einen Seminarraum im Hotel dazu und führten in zwei Gruppen zwei Kommunikationsaufgaben durch: KommunikARTio und RealityCheck®. Diese Tools eignen sich hervorragend, um die Erfordernisse, Herausforderungen, Instrumente und Lösungswege einer funktionierenden Kommunikation abzubilden und gemeinsam herauszuarbeiten.
Thema
Ziel des Nachmittagstrainings mit KommunikARTio und RealityCheck war es, den 60 Auszubildenden spielerisch zu vermitteln, wie schwer gute Kommunikation ist und welche Möglichkeiten es gibt, um eindeutig zu kommunizieren. Dabei sollte eine nachhaltige Wirkung erzielt werden.
Inszenierung
Eine individuell auf die Teilnehmer:innen zugeschnittene Inszenierung ist ein ganz entscheidender Faktor für den Lernerfolg und die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden. Da es sich um Auszubildende eines Autohändlers handelte, wurde in den Inszenierungen der beiden Tools auf Kundengespräche zur Abklärung eines Werkstattauftrags eingegangen.
a. Vorbereitung „KommunikARTio“
„Auch in der Arbeitswelt ist es nicht immer möglich, zum Gesprächspartner oder zu der Gesprächspartnerin Augenkontakt aufzubauen. Diese Herausforderung besteht im Tagesgeschäft u. a. im Telefongespräch mit Kund:innen. Da dies extrem schwierig ist und eine besondere Herausforderung darstellt, wollen wir es im folgenden Lernprojekt üben und versuchen, ein fehlerloses Ergebnis zu erzielen. Denkt bitte daran, dass auch in eurem Arbeitsalltag jeden Tag Kommunikation ohne Blickkontakt notwendig ist, zum Beispiel bei einer Terminabstimmung oder der Klärung des Arbeitsauftrags am Telefon.
In unserem Lernprojekt bekommt jede:r von euch ein Teil in die Hand gedrückt. Die Anzahl der Farben mal die Anzahl der Formen ergibt für ein komplettes Teile-Set 30 Stück. 28 dieser Teile sind bei euch, die beiden fehlenden Teile befinden sich bei mir. Eure Aufgabe ist es, Form und Farbe der beiden fehlenden Teile durch konzentrierte und gut abgestimmte Kommunikation herauszufinden. Da ihr nicht sehen könnt, werden wir euch die Farbe eures Teils nennen, wenn ihr es hochhebt. Auch hier gilt es, koordiniert vorzugehen. Viel Erfolg!“
a. Vorbereitung „RealityCheck“
„In der Arbeitswelt besteht die Herausforderung, dass aus unterschiedlichen Perspektiven kommuniziert wird. In eurem Fall als Automobilhändler und Werkstatt sind das: Lager, Werkstatt, Verwaltung, Verkauf und Geschäftsleitung. In der folgenden Aufgabe gilt es, wie in einem ‚Kommunikations-Puzzle‘ die unterschiedlichen Perspektiven durch gute Kommunikation zusammenzubringen.
Eure Aufgabe ist es, aus den 32 Bildern eine logische Reihenfolge zu bilden. Dabei dürft ihr euch eure Bilder nicht zeigen, sondern lediglich beschreiben, was auf euren Bildern zu sehen ist. Wenn ihr euch sicher seid, die Logik der Bilder durch gute Kommunikation herausgefunden zu haben, legt ihr diese in der aus eurer Sicht richtigen Reihenfolge mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden ab. Viel Erfolg bei der Bewältigung dieser Aufgabe.“
b. Durchführung, Teil 1
Die Teilnehmer:innen des Trainings wurden in zwei Gruppen à 28 Azubis (Gruppe A) und 32 Azubis (Gruppe B) aufgeteilt. Mit Gruppe A wurde zunächst RealityCheck durchgeführt, mit Gruppe B zunächst KommunikARTio.
Übertragung in die echte Welt (RealityCheck)
Elemente im Lernprojekt | Elemente in der echten Welt |
---|---|
Augenbinden (KommunikARTio) | Werkstattauftrag der Kund:innen (aus verschiedenen Perspektiven den gewünschten Arbeitsumfang abstimmen) |
Puzzleteile (KommunikARTio) | Telefonat mit dem Kunden |
Bildausschnitte (RealityCheck) | unterschiedliche Sichtweisen der Abteilungen, Kund:innenperspektive |
Ziel (fehlerfreie Kommunikation) | Kund:innenwünsche erfassen, 100 % Kund:innenzufriedenheit |
c. Verlauf, Teil 1
Bei der Durchführung der ersten Runde machten beide Gruppen Fehler:
Gruppe A (RealityCheck): zwei Fehler.
Gruppe B (KommunikARTio): ein Teil richtig, ein Teil falsch.
Reflexion
Nach der Durchführung wurden die Aufgaben selbstkritisch ausgewertet und Umsetzungsziele für die zweite Aufgabe definiert. Neben den Themen, die gut funktionierten, wurden folgende Optimierungsfelder definiert:
• Genauer hinhören
• Nur einer redet, der Rest hört aufmerksam zu
• Wir legen eine Reihenfolge fest und halten diese ein
• Wir beschreiben unsere Bilder bzw. Figuren sehr detailliert
• Keine vorschnellen Interpretationen
• Einer fasst das Gesagte hin und wieder zusammen
b. Durchführung, Teil 2
Die Gruppen wechselten nach der Auswertung die Räume und die Aufgaben. Gruppe A (erste Aufgabe: RealityCheck) wechselte in den Seminarraum zur zweiten Aufgabe (KommunikARTio: vier Beobachter in der 32er-Gruppe); Gruppe B (KommunikARTio) in die Hütte (zum RealityCheck).
c. Verlauf, Teil 2
Die Umsetzung der aus der jeweils ersten Aufgabe erarbeiteten Vorsätze war phänomenal: Beide Gruppen setzten ihre Ziele 1 : 1 um und erreichten jeweils 100 % Zielerreichung, da beide Gruppen ohne einen einzigen Fehler die Aufgaben lösten.
d. Abschluss
Die Erkenntnisse aus den insgesamt sechs durchgeführten Übungen wurden in den Auswertungen sofort auf den Arbeitsalltag adaptiert. Besonders die beiden letzten, oben beschriebenen Aufgaben zum Thema „Kommunikation“ werden den Auszubildenden und Ausbildern helfen, mit einer effektiveren, aufmerksameren und harmonischeren Kommunikation den Arbeitsalltag besser zu bestreiten.
Fazit
Sich immer wieder im Vorfeld Gedanken zu den Inszenierungen zu machen, halten wir für einen der wesentlichen Erfolgsfaktoren. Die Auszubildenden sind deutlich konzentrierter und fokussierter, als wenn sie das durchgeführte Lernprojekt als reines Spiel empfinden würden.
Extrem wichtig ist es, immer einen Plan B (oder gar C) im Kopf und im Kofferraum zu haben. Als Outdoor-Trainer sind wir es gewohnt, ausreichend Equipment dabei zu haben. Deshalb ist es besonders erkenntnisreich, dass uns zwei Tools „den Tag gerettet haben“, die wenig Platz benötigen und auch für größere Gruppen optimal einzusetzen sind.
Trotz der widrigen Wetterverhältnisse (die meisten Azubis waren bis auf die Haut nass, da sie den überwiegenden Teil des Vormittags im Freien verbracht hatten und die Kleidung nicht wirklich auf dieses Wetter ausgerichtet war) waren sämtliche Auszubildende motiviert und wollten gemeinsam die Lösung herausarbeiten.
Berücksichtigt man die Teilnehmendenzahl und die widrigen Verhältnisse, so sind wir von dem Erreichten mehr als begeistert. Und auch die Ausbilder:innen, die sich alle in der Beobachterrolle befanden, erkannten einmal mehr, welch enormes Potenzial in ihren Auszubildenden steckt und welche Möglichkeiten in der EOL-Methode stecken.
Es ist immer wieder beeindruckend, wie motiviert Menschen sind, wenn sie gemeinsam Lösungen entwickeln sollen!
Die Rückmeldungen der Auszubildenden, Ausbilder:innen und Führungskräfte waren trotz der extremen Bedingungen durch die Bank positiv. Unser Auftraggeber bedankte sich für die Flexibilität und die wetterbedingten Änderungen, die wir durchgeführt hatten.
Susanne Oppel, Geschäftsführerin der Firma Oppel: „Das, was Ihr aus dem Training trotz der widrigen Wetterbedingungen gemacht habt, war aller Ehren wert. Zum Glück sind doch alle nicht aus Zucker.“
Zahlreiche Auszubildende bedankten sich für den „schönen“, weil erkenntnisreichen Tag.
Ein Azubi aus dem zweiten Lehrjahr: „Wir haben viel über Kommunikation gelernt, wie das, was ich sage, auf den anderen wirkt, und was das alles an Fehlinterpretationen auslösen kann. Besonders toll war auch die Erfahrung, richtig zu beschreiben, damit mein Gegenüber mich so versteht, wie ich es meine, und welche Bedeutung das Thema ‚Fragen‘ hat!“